Ravenna
Überblick
Ravenna ist eine sehr alte Stadt in Norditalien. Die Stadt besitzt etwa 160 000 Einwohner. Sie ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz Ravenna in der Region Emilia-Romagna. Diese Region besitzt etwa 4 500 000 Einwohner. Die Emilia-Romagna liegt im nördlichen Mittelitalien und grenzt im Norden an den Po, an Venetien und die Lombardei, im Osten an die Adria. Im Süden hat sie Anteil am Apennin und grenzt an die Toskana, die Marken und die Republik San Marino, im Westen an das Piemont und Ligurien. Die Stadt Ravenna lag ursprünglich unmittelbar an der Adria. Infolge von Verlandung beträgt die Entfernung des Stadtkerns von der Küste heute etwa neun Kilometer. Der Hafen ist durch den Canale Candiano mit der Küste und dem Seebad Marina di Ravenna verbunden. Ravenna ist der Sitz eines Erzbischofs.
Von 402 bis 476 war die Stadt Hauptresidenz der weströmischen Kaiser. In den folgenden Jahrzehnten residierten hier auch Odoaker, Theoderich der Große und dessen Nachfolger. Nach der Rückeroberung Italiens durch oströmische Truppen war Ravenna bis zur Einnahme durch die Langobarden im Jahre 751 Zentrum eines kaiserlichen Exarchats (Exarchat von Ravenna). Die Stadt Ravenna besitzt zahlreiche Sehenswürdigkeiten, die zum Teil zum Weltkulturerbe der UNESCO gehören, bzw. unter ihrem Schutz stehen. Zu diesen gehören u.a. das Mausoleum der Galla Placidia, die Bischofskapelle, das Grabmal Theoderichs des Großen und die Kirche San Vitale. Viele Besucher kommen allein wegen der vielen Mosaiken in den Kirchen und Grabdenkmälern, aber auch wegen der Museen nach Ravenna.
Ravenna
Auch die nähere Umgebung der Stadt wartet darauf, entdeckt zu werden. Ausflüge in die nahe Umgebung, beispielsweise zu den archäologischen Stätten, runden das Angebot ab. Besonders sehenswert sind die handgefertigten Mosaike. Auch die hier gefertigten Stickereien sind von beachtlicher Schönheit. Sie sollten sich in jeder Hinsicht genügend Zeit für diese Stadt nehmen, die nie überlaufen ist, sodass alles in Ruhe erkundet werden kann. Seit 1974 richtet die Stadt jährlich im Frühjahr das Musikfestival Ravenna Jazz aus. 1990 kam das im Sommer abgehaltene Ravenna Festival hinzu, bei dem hauptsächlich Opern- und Klassische Musik, aber auch Dance, Jazz, Volksmusik, Musical, Ballett, Geistliche Musik, Elektronische Musik, Theater und Film dargeboten und ausgezeichnet werden, zusätzlich finden hier verschiedene Conventions und Ausstellungen statt.
Ravenna, Zitadelle „Loewenpranke“ (Brancaleone), Besuchereingang für die Parkanlage und die Freilicht-Bühne im Inneren - eingebunden über Wikimedia Commons
Ravenna verfügt über ein flächenmäßig großes Einzugsgebiet. Zur Stadt gehören die Ortsteile (Fraktionen) Casal Borsetti, Marina Romea, Porto Corsini, Marina di Ravenna, Punta Marina Terme, Lido Adriano, Lido di Dante, Lido di Classe, Lido di Savio, Savio/Mirabilandia, Sant'Alberto und Classe. Einige dieser Ortsteile befinden sich entlang der Bahnlinie Ravenna - Rimini. Das Zentrum der Stadt bildet die historische Altstadt, die sich zwischen der Circonvallazione S. Gaetanino im Norden, der Via Fiume Abbandonato im Westen, der Circonvallazione al Molino im Süden und den Bahngleisen im Osten erstreckt. Neuere Wohnviertel schließen sich in alle Richtungen an, wobei die Übergänge zum Teil noch durch Mauerreste und Stadttore gekennzeichnet sind.
Die Industrie konzentriert sich in einer Hafen- und Industriezone, die sich zu beiden Seiten des Canale Candiano im Nordosten der Stadt bis zu den Badeorten Marina di Ravenna und Porto Corsini ausdehnt. Fremdenverkehr ist ein bedeutender Erwerbszweig. Die am Meer liegenden Badeorte Lido di Ravenna, Marina di Ravenna, Lido di Classe usw. verfügen über zahlreiche Campingplätze, Ferienhäuser und Hotels, aber auch weitläufige Naturschutzgebiete. Am Lido di Dante gibt es auch einen ausgedehnten FKK-Strand. Bei Ravenna befindet sich aber auch eine Erdölraffinerie und ein bedeutendes Industriegebiet der Chemie- und Energiebranche sowie ein Stahlwerk der Marcegaglia SpA. Weitere wichtige Industriezweige sind die Schuh-, Bekleidungs- und Nahrungsmittelindustrie. Der Hafen von Ravenna gehört zu den wichtigsten Häfen an der Adria. Von besonderer kunsthistorischer Bedeutung sind Ravennas frühchristliche Kirchen, Taufkapellen, Mausoleen und Mosaiken. Acht Gebäude aus dem 5. und 6. Jahrhundert n. Chr. wurden 1996 in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. [1]
Geschichte
Historiker vermuten, dass die Siedlung während der gallischen Invasionen seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. allmählich entstanden war. Versprengte Angehörige der besiegten Umbrer und Etrusker pflegten damals zusammen auf den zahlreichen kleinen Laguneninseln am Südrand des Po-Mündungsdeltas Zuflucht zu suchen. Die Etrusker nannten die Siedlung Ravena. In der frühen und hohen Kaiserzeit war Ravenna eine von Wasser umschlossene Lagunenstadt mit zeitweilig bis zu 50.000 Einwohnern. Im Jahr 88 v. Chr. erhielt die Stadt römisches Bürgerrecht. Jahrzehnte darauf, im Jahr 49 v. Chr, zog Caesar von hier zur Überschreitung des Rubikons aus, womit er den Bürgerkrieg begann. Sein Großneffe, Kaiser Augustus, machte den Militärhafen von Classe vor der Stadt zum zweitgrößten Flottenstützpunkt des Römischen Reichs- der größte Kriegshafen war Misenum.
Spätantike und Völkerwanderung
Der gestürzte markomannische König Marbod wurde hier im Jahr 19 n. Chr. bis zu seinem Tod im Jahr 37 interniert. Hier lebten auch die von Germanicus gefangengenommenen Cherusker Thusnelda und Thumelicus. Die große Zeit der Stadt waren das 5. und 6. Jahrhundert: Im Jahr 402 verlegte der weströmische Kaiser Honorius seinen Hof von Mailand nach Ravenna, da die Stadt sehr gut zu verteidigen war. Die Westgoten unter Alarich I. belagerten 408 vergeblich Ravenna. Im selben Jahr wurde der Feldherr Stilicho Opfer einer Intrige am Kaiserhof. Des Paktierens mit Alarich und damit des Hochverrats beschuldigt, wurde er in Ravenna hingerichtet. Nach dem Tod des (Mit-) Kaisers Constantius III. 421 in Ravenna und dem Tod des Honorius regierte dessen Halbschwester Galla Placidia zunächst für ihren minderjährigen Sohn Valentinian III. Sie ließ die Stadt prächtig ausbauen. Eine spätere Legende besagt, dass sich im Jahre 410 der Neffe des Hunnenkönigs Rugila, Attila, am Hofe als Geisel befand.
Obwohl einige spätere Kaiser zeitweilig in Rom residierten, blieb Ravenna fortan der eindeutig bevorzugte Regierungssitz in Italien. Nach der Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Romulus Augustus herrschte in der Stadt ab 476 der germanische rex Odoaker, der 493 von dem Ostgotenherrscher Theoderich nach der Niederlage in der „Rabenschlacht“ eigenhändig getötet wurde. Die Ostgoten unter Theoderich errichteten in Italien ein Reich, das bis zur endgültigen Niederlage gegen Ostrom (552) Bestand hatte. Sie herrschten nominell als Stellvertreter des Kaisers in Konstantinopel. Die Hauptstadt Ravenna erlebte unter ihnen bis etwa 535 erneut eine kulturelle und wirtschaftliche Blütezeit. Theoderich starb am 30. August in Ravenna. Sein dortiges Grabmal ist heute leer; ob ein Sarkophag mit den sterblichen Überresten Theoderichs dort je gestanden hatte, ist umstritten.
535 begannen die oströmischen Truppen mit der Rückeroberung Italiens. Im Mai 540 fiel das von dem Heermeister Belisar im Auftrag des Kaisers Justinian I. belagerte Ravenna. Danach wurde die Stadt nach dem Einfall der Langobarden (568) Hauptstadt des Exarchats von Ravenna. Aus dieser Zeit des Umbruchs von der Antike zum Mittelalter findet man in Ravenna heute noch zahlreiche bedeutende Bauwerke, die oft noch den originalen Mosaikenschmuck des 5. bis 7. Jahrhunderts zeigen und die inzwischen von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Sie sind vor allem deshalb einzigartig, weil im Kerngebiet des Oströmischen Reiches fast alle derartigen Mosaiken später dem Bilderstreit zum Opfer fielen.
Papst Stephan II. (715 - 757) erhob die die Karolinger zum neuen Königsgeschlecht in Frankenreich. Als Dank verlangte er um 755 von Pippin dem Jüngeren (714 - 768), die im Besitz der Langobarden befindlichen Gebiete zu erobern. Bis zu seinem Tode führte Pippin zwei erfolgreiche Feldzüge gegen die Langobarden und schenkte dem Papst die eroberten Gebiete. Er gilt so als Begründer des Kirchenstaates, zu dem auch Ravenna gehörte. Damit gelangte auch der Bischofssitz von Ravenna endgültig unter die päpstliche Oberhoheit. Um das Jahr 951 wurde in Ravenna der Gründer des Ordens der Kamaldulenser, Romuald geboren, der später großen Einfluss auf Kaiser Otto III. gewinnen sollte.
Im Jahr 967 hielt in Ravenna Kaiser Otto I. einen Reichstag ab. Später führte Ravenna den zu einer autonomen Republik wachsenden Städtebund, zu dem Ancona, Fano, Pesaro, Senigallia und Rimini gehörten und war bereits im 11. Jahrhundert Sitz einer bedeutenden Rechtsschule. Seit 1275 herrschte die Familie da Polenta in Ravenna. Dante Alighieri vollendete in Ravenna die 1307 begonnene Göttliche Komödie, die wie kaum ein anderes Werk die europäische Literatur beeinflusste. Die Commedia (ital.: Komödie), in späterer Zeit auch Divina Commedia (‚Göttliche Komödie‘) genannt, ist das Hauptwerk des italienischen Dichters Dante Alighieri (1265 - 1321). Sie entstand während der Jahre seines Exils und wurde wahrscheinlich um 1307 begonnen und erst kurze Zeit vor seinem Tod vollendet (1321). Die Divina Commedia gilt als bedeutendste Dichtung der italienischen Literatur und hat gleichzeitig die italienische Sprache als Schriftsprache erst begründet. Dante starb kurz darauf am 14. September 1321. Seine Gebeine ruhen seit ihrer Wiederauffindung im Jahr 1865 in einem für ihn bereits 1780/81 in Ravenna errichteten Grabmal.
Neuzeit
Von 1441 bis 1509 war Ravenna in der Hand Venedigs, wonach es durch die Liga von Cambrai in die Hände des Papstes gelangte. Die Venezianer erbauten in der Stadt die Festungsanlage Brancaleone, deren Ruine heute eine geräumige Parkanlage und ein Freilicht-Theater beherbergt. Durch den Frieden von Tolentino 1797 kam Ravenna vorübergehend unter französische Herrschaft. Durch den Wiener Kongress 1815 kam es wieder zum Kirchenstaat, zu dem es dann bis 1860 gehörte. Seit 1861 gehört Ravenna zu Italien. 1951 erhielt die Stadt die Medaglia d'oro al valor militare für ihre Verdienste im Zweiten Weltkrieg. Ravenna ist heute durch Grundwasserversalzung und die Überflutung von Landflächen durch Meerwasser sowie durch Erdbeben (zuletzt im Mai 2012) gefährdet. [1]
Sehenswürdigkeiten - UNESCO-Weltkulturerbe
- Chiesa San Vitale (6. Jahrhundert);
- Mausoleum der Galla Placidia (5. Jahrhundert); ein innen mit Mosaiken verziertes Mausoleum, das die Kaiserin Galla Placidia 425 n. Chr. für sich hatte erbauen lassen, das ihren Leichnam jedoch wohl nie beherbergte, da sie 450 in Rom verstarb und dort wahrscheinlich auch beerdigt wurde;
- Chiesa Sant’Apollinare Nuovo (6. Jahrhundert); die ehemalige arianische Hofkirche Theoderichs, die von ihm erbaut worden war und die sich unmittelbar neben seinem Palast befand;
- Mausoleum des Theoderich, mit einem Natursteindach von rund elf Metern Durchmesser und einem Meter Dicke, das aus einem einzigen, aus Istrien stammenden Monolithen herausgemeißelt wurde;
- Baptisterium der Arianer (6. Jahrhundert);
- Baptisterium der Orthodoxen (5. Jahrhundert), nördlich des Doms, auch Neonische Taufkapelle genannt, gilt unter den achteckigen antiken Bauwerken Ravennas als das älteste;
- Erzbischöfliche Kapelle (6. Jahrhundert), auch Oratorium des hl. Andreas genannt, südlich des Doms im Erzbischöflichen Palast gelegen und über das Erzbischöfliche Museum erreichbar;
- Chiesa Sant’Apollinare in Classe;
Kirchen
- S. Croce
- S. Maria Maggiore (5. Jahrhundert);
- S. Eufemia (1742 - 1747), der Innenraum ist mit Malereien aus dem 18. Jahrhundert verziert;
- S. Giovanni Battista
- Spirito Santo (5. bis 6. und 16. Jahrhundert), war unter dem Namen Hagia Anastasis (deutsch Auferstehungskirche) zur Zeit Theoderichs des Großen die Hauptkirche der Arianer in Ravenna;
- S. Maria del Suffragio
- Dom (Duomo) (1734); im Dom befinden sich die Kanzel des Bischofs Agnellus (6. Jahrhundert), Sarkophage aus dem 5. Jahrhundert und eine Krypta aus dem 10. Jahrhundert;
- S. Francesco (5., 9. und 12. Jahrhundert);
- S. Agata Maggiore (5. Jahrhundert);
- S. Giovanni Evangelista (5. Jahrhundert);
- S. Maria in Porto (1553 - 1606):
Sehenswürdigkeiten in der Umgebung
- Archäologische Zone von Classe (Parco Archeologico di Classe), unweit der Kirche Sant’Apollinare in Classe;
- Museum für mechanische Musikinstrumente, 10 Kilometer südlich an der Straße in Richtung Cesena;
- Museum für moderne Inneneinrichtung, 9 Kilometer westlich, entlang Via Maggiore und Via Faentina an der Straße in Richtung Bologna;
- Franzosensäule, 5 Kilometer südlich an der Straße in Richtung Forlì; erinnert an die Schlacht zwischen Spaniern und Franzosen im Jahr 1512, errichtet im Jahr 1557 im Ort Madonna dell'Abero;
- Garibaldi-Hütte (Capanno Garibaldi, 1810), 8 Kilometer nordöstlich an der Straße in Richtung Marina Romea und Porto Corsini; eine Fischerhütte von historischer Bedeutung, in der der italienische Staatsgründer Giuseppe Garibaldi Unterschlupf gefunden hatte;
- Römische Villa in Russi (Villa romana di Russi), Via Fiumazzo - Russi (Ra.), ca. 16 Kilometer in Richtung Bologna;
Quellenangabe:
1.: Die Informationen zur Geschichte der Stadt Ravenna basieren auf dem Artikel Ravenna (Stand vom 17.05.2017) und stammen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der GNU-Lizenz [34 KB]
für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
Die Fotodateien "Grabmal Theoderichs im Theoderich-Park - Autor: Dr. Wilfred Krause" - "Marina di Ravenna - Autor: ildirettore" werden unter den Bedingungen der Creative Commons "Attribution 2.0" „Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported“ Lizenz veröffentlicht.